Positionspapier zur Schulsituation
In den letzten Jahren gab es einige schulpolitische Einzelentscheidungen des Landkreises oder einzelner Kommunen im Kreis. Dabei wurde bisher immer tunlichst vermieden, die derzeit disparat laufende Entwicklung zu koordinieren und Perspektiven aufzuzeigen. Im Gegenteil werden Kommunen gegeneinander ausgespielt, wie zuletzt im Papenburger IGS-Streit. Aus diesem Grund haben sich die beiden emsländischen Kreisverbände und die kreistagsfraktion zusammengetan und ein gemeinsames Papier verabschiedet, das helfen soll Perspektiven für die nahe Zukunft zu entwerfen.
In den vergangenen zwei Jahren haben einige Ereignisse in der emsländischen Schullandschaft deutlich werden lassen, dass wir mitten in einem Umstrukturierungsprozess sind:
* Die Einführung der Oberschule in Niedersachsen war verursacht durch die zurückgehende Akzeptanz der Hauptschule (auch im ländlichen Raum) und die Angst der CDU ohne schulpolitisches Konzept die Landtagswahlen zu verlieren. Die weitgehende Beliebigkeit der Oberschulstruktur führte zu diametral entgegengesetzten Entwicklungen unter dem gleichen Vorzeichen. Streng an der Dreigliedrigkeit ausgerichteten Schulen stehen im Emsland Schulen gegenüber, die eine weitgehende Integration in den Klassen 5-7 anstreben.
* In Lingen kam es zur Zusammenlegung von zwei Oberschulen, um der demographischen Entwicklung Herr zu werden.
* Anträge verschiedener Gemeinden auf einen gymnasialen Zweig wurden nicht genehmigt, obwohl die gesetzlichen Vorgaben (Schülerzahlen) erfüllt waren. Dies geschah sowohl durch die schwarz-gelbe als auch durch die rot-grüne Landesregierung, die offensichtlich keine Mini-Gymnasien wollten.
* Die gesetzlich vorgesehene Mindestschülerzahl wird nicht von allen Oberschulen des Emslandes erreicht. Eigentlich müssten diese aufgelöst werden, scheinen aber von der Landesregierung noch geduldet zu werden.
* Der Landkreis verhinderte die Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe in Werlte, obwohl auch hier die gesetzlichen Vorgaben gegeben waren. Man befürchtete, dass eine Einzelmaßnahme das gesamte Gleichgewicht zerstören könnte.
* In Papenburg wird durch die CDU der vorhandene Wunsch nach einer Gesamtschule blockiert.
All diese Ereignisse sind ausgelöst durch zwei Entwicklungen: die zurückgehenden schülerzahlen und das offensichtliche Ende der Dreigliedrigkeit. Dass die Entwicklung nicht zu Ende ist, zeigen die offene Situation in Papenburg und der Wunsch der Gesamtschule Emsland nach einer gymnasialen Oberstufe. Wäre diese Oberstufe eingeführt, so wäre Lingen die einzige Gemeinde im Emsland die eine wirkliche Wahlmöglichkeit zwischen Dreigliedrigkeit, Oberschule und IGS bieten würde.
Für Bündnis 90/Die Grünen ist offensichtlich, dass ein Weiter-So nicht möglich ist. Bleibt die CDU weiter unflexibel und blockiert, so wird sich die Entwicklung anders Bahn brechen. Dies würde aber die Gefahr einer erheblichen Störung des Schulfriedens mit sich bringen.
Um die Schullandschaft im Emsland zukunftsfähig zu gestalten, gehen die Grünen von einigen wichtigen Voraussetzungen aus:
* Grundlage für eine vernünftige Entwicklung ist die Erfragung und Berücksichtigung des Elternwillens. Keine Gemeinde und kein Landkreis sollte eine Schulform aufzwingen, die nicht gewollt ist. Sie sollte aber auch keine Entwicklung verhindern, die vom Elterwillen getragen wird.
* Die faktisch existierenden unterschiedlichen Systeme sind gleichberechtigt zu behandeln. Keins ist zu bevorzugen und keins zu blockieren. Einen Bestandsschutz, der notwendige und gewollte Entwicklungen verhindert, sollte es nicht geben.
* Das Prestige- und Konkurrenzdenken der Gemeinden gefährdet die Entwicklung. Längst werden SchülerInnen (und auch LehrerInnen) abgeworben, um die eigene Schulsituation zu stabilisieren. Ausgehend von den eigenen Resourcen sollte in den Kommunen geprüft werden, für welche Schulform die Schülerzahl ausreichend ist. Dabei dürfen nicht Mindestanforderungen gelten, die Zahlen müssten gewährleisten, dass die Schule groß genug für vernünftige Wahlangebote ist und in Zukunft bleibt.
* Ausdrücklich begrüßen die Grünen, wenn die Kommunen unterschiedliche Optionen entwickeln. Welche Option zum Tragen kommt, sollte neben den inhaltlichen Kriterien auch vom Elternwillen abhängen.
* Diejenigen mittelgroßen Kommunen, in denen die Mindestanforderungen für Oberschulen nicht mehr erfüllt sind, sollten eine Perspektive erhalten, welche eine Schule vor Ort garantiert. Ein attraktives Angebot könnte ihnen helfen, die Abwanderung in die Städte zu stoppen.
* In der Frage der geeigneten Schulform sind die Grünen nicht neutral. Ungeachtet der spezifischen Lagen der Kommunen halten wir die IGS für geeignet, sowohl die starken SchülerInnen zu fordern als auch die schwachen zu fördern. Bildungsgerechtigkeit ist nur möglich, wenn jedes Kind nach seinen Möglichkeiten optimal gefördert wird. Hier hat die dreigliedrige Schule versagt.
* Faktisch besteht eine zunehmende Konkurrenz wischen Gymnasium und Gesamtschule. Auf der einen Seite fehlen den Gesamtschulen dadurch leistungsstärkere SchülerInnen und auf der anderen Seite müssen sie möglicherweise allein die Aufgabe bewältigen, SchülerInnen mit Behinderungen oder aus benachteiligten Verhältnissen zu fördern. Wir unterstützen deshalb die Gesamtschulen dabei, durch eine Weiterentwicklung ihrer pädagogischen Konzepte auch für leistungsstärkere SchülerInnen attraktiv zu sein.
Damit unsere emsländischen Schulen zukunftssicher werden können, ist es erforderlich jetzt sowohl eine Bestandsaufnahme der Gesamtsituation zu leisten als auch Optionen für die Kommunen zu entwickeln, die helfen, den Schulfrieden zu bewahren.
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